Mia - Luskas Bücher

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Mia

Buch 7
Wie bereits erwähnt, kamen immer wieder einzelne Tiere zu Tina, die umplatziert oder betreut werden mussten. So war es auch bei Mia. Eigentlich ging es damals um einen kleinen, roten Kater, der zu einer Bekannten von Tina umziehen sollte. Er war erst ein paar Wochen alt, doch bereits von der Mutter entwöhnt. Trotzdem fand Tina es etwas zu früh, ihn schon von der Mutter zu trennen. Freunde von ihr hatten sich für ihn entschieden, wollten das Katerli aber so schnell als möglich haben.

Kurzerhand brachte sie den
Kleinen mitsamt der Mutter ins neue Zuhause. Wenn Mutter und Sohn noch zwei Wochen zusammen bleiben könnten, wäre das ideal. Und schlussendlich spielt es keine Rolle, ob ein oder zwei Katzen versorgt werden müssen. So war der Plan, der aber nicht aufging. Die Mutter, Mia, hatte panische Angst im neuen Zuhause und verkroch sich im Keller in der hintersten Ecke. Der kleine Rote hingegen fand das neue Heim cool. Er belächelte seine Mutter, die sich aber auch wirklich doof anstellte.

Tinas Freunde konnten die Angst der Mutter nicht mehr länger ertragen. Nur drei Tage nach ihrer Ankunft bei ihnen, baten sie Tina, die Mama abzuholen. Also fuhr Tina hin und packte die Mutter ein. Sie brachte sie zu sich nach Hause, wo sie von den anderen Katzen begrüsst wurde. Aber leider stellte sich heraus, dass sie auch in Tinas Haus panische Angst hatte. Sie versteckte sich die erste Zeit, wo immer es möglich war. Natürlich kam sie fressen, aber erst dann, wenn die anderen ihr Mahl beendet hatten.

Es war für Tina nicht schön, eine Katze zu haben, die derart Panik hatte. Vermitteln konnte sie das Tier auf keinen Fall. Erst müsste sie ruhiger und zugänglicher werden. Sie blieb vorerst mal bei Tina. Es gab dort genügend Zimmer, wo sie sich eine ruhige Ecke aussuchen konnte.

Trotzdem ging Mia oft in den Garten. Dort hatte es viele Verstecke, in denen sie ihre Ruhe fand. Aber Tina hatte an der Situation keinen Gefallen. Sie mochte es nicht, wenn sich Tiere bei ihr unwohl fühlten. Doch Mia war kein kleines Kätzchen mehr. Man schrieb sie zwar im Internet zur Vermittlung aus, doch niemand hatte Interesse an dieser schönen dreifarbigen Kätzin. Die meisten Leute wollen Katzenbabies und nicht erwachsene Tiere, schon gar nicht, wenn sie behindert oder ängstlich sind. Sie wollen Katzen, die ihnen auf den Schoss springen und mit ihnen schmusen. Und Mia war definitiv keine solche Katze. Mit den Monaten verlor sie zwar ein
bisschen ihre Angst, aber Tina konnte nicht mit Ueberzeugung sagen, sie sei so richtig handzahm und zugänglich. Dies und dass sie noch nicht sterilisiert war, machte die Vermittlung schwer. Bei einer ängstlichen Katze ist es auch nicht ganz einfach, die Antibaby-Pille zu verabreichen. Auch hatte Mia an Umfang zugelegt. Sie war etwas pummelig geworden, was ihr zwar gut stand, aber ungesund war und für Bewerber unattraktiv wirkte.

Es dauerte ein ganzes Jahr, bis sich eines Tages ein Ehepaar meldete, das Interesse hatte. Sie kamen von weit weg, scheuten aber den langen Weg nicht, um Mia kennenzulernen. Tina hatte nicht viel Hoffnung, dass sie sich für die Tricolor-Kätzin entscheiden würden. Es war schon vorher einmal eine Familie hier. Sie sahen Mia nicht mal, da sich diese so gut versteckt hatte, dass man sie nicht finden konnte. Diese Familie entschied sich damals für eine andere Katze.
An diesem Sonntag lief aber alles ganz anders. Tina sperrte Mia sicherheitshalber in ein Zimmer ein. Sie wollte vermeiden, dass das Ehepaar den langen Weg umsonst gemacht hatte. Als die Beiden das Zimmer betraten, in dem Mia sass, blieb diese sitzen. Sie schaute sich das Paar genau an. Tina rechnete damit, dass Mia die offene Türe nutzte, um nach draussen zu rennen und zu verschwinden. Aber nichts in dieser Art geschah. Sie blieb sitzen und hörte zu, was das Ehepaar ihr zu erzählen hatte. Der Mann hatte eine sehr ruhige und sanfte Stimme, der Mia vertrauen konnte und die ihr keine Angst bereitete. Niemand weiss, was in diesem Moment in der Katze vorging, es war jedenfalls Liebe auf den ersten Blick und ein entscheidender Moment. Mia hatte ihre Wahl getroffen und ist mit Martin und Karin nach Hause gefahren. Es hatte ein ganzes Jahr gedauert bis die Richtigen kamen, doch nun war die Welt wieder in Ordnung. Tina war froh, dass Mia nun ein Zuhause bekam, wo sie hoffentlich bald zur Ruhe kommen konnte und keinem Stress mehr ausgesetzt war. Auch sie hatte ein ganz gutes Gefühl, dass es dieses Mal klappen würde.
Wenige Wochen später erhielt Tina folgende Rückmeldung:
„Mia, die jetzt Gioia heisst, fühlt sich sichtlich wohl bei uns. Sie hat immer noch kurze Anlaufschwierigkeiten, bevor sie das Verwöhnen in vollen Zügen geniesst. Wegen des ausgedehnten Schnurrens muss man manchmal beinahe das Radio etwas lauter stellen. - Sie ist zwar immer noch dazu verbannt, ihren Alltag im Hausinneren zu verbringen, aber Karin ist jeweils am Nachmittag zu Hause und geniesst die Zeit mit ihr. Wir freuen uns zusammen mit Gioia, bis wir ihr den ersten Freigang erlauben.

Am vergangenen Dienstag hat sie einen Teil ihrer Fraulichkeit verloren, d.h. wir haben sie kastrieren lassen. Trächtig war sie laut Tierarzt wirklich nicht. Und weil alles im gleichen möglich war wurde sie geimpft, entwurmt, entmilbt und gechipt. Wir haben eine neue Katzenklappe bestellt, welche den Chip erkennen kann, so dass sie wirklich alleinigen Zutritt haben wird zu ihrem neuen Zuhause (es sei denn, ihre neuen Herren [und Damen] lassen im Sommer die Terrassentür offen).
Es war wohl für Gioia und für uns die richtige Entscheidung, die Fahrt in die Westschweiz zu unternehmen. Kein Kilometer war zu viel!
Wir sind der felsenfesten Überzeugung, dass Gioia ihren Aufenthalt und ihr Prinzessinnen-Dasein bei uns geniesst. Wir selbst geniessen unseren kleinen Schützling nicht minder.
Liebe Grüsse aus der Ostschweiz, und bis zum nächsten Mal.
Martin S. und Karin M.“

Zu diesem Schreiben gab es nicht mehr viel zu sagen. Gioia hatte ihren Lebensplatz gefunden. Wir alle waren glücklich darüber. Ihr Sohn, der kleine Rote, lebt noch immer bei Tinas Freunden. Auch er wird verwöhnt und geliebt. Manche Tiere brauchen etwas länger, um Vertrauen zu fassen. Doch auf jedes Töpfchen gibt es einen Deckel. Und Gioia hatte ihn in der Ostschweiz gefunden.
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