Die flotte Lotte - Luskas Bücher

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Die flotte Lotte

Buch 7
Tina liebte Tricolor-Katzen, das war schon immer so. Besonders die Tiere, die viele Farben und eine starke Fellzeichnung hatten, fand sie zauberhaft. Sie entdeckte Lotte im Internet. In einer kleinen Anzeige wurde jemand gesucht, der eine Notfall-Katze aufnehmen würde. Das fünf Monate alte Tier, eine Tricolor-Katze, war bereits gechipt, geimpft und für den Umzug bereit. Erstaunlich war nur, dass das Kätzchen gratis abzugeben war. Tina fragte sich, was wohl hinter diesem Inserat stünde. Wer impft und chipt ein Tier, um es nach kurzer Zeit gratis abzugeben? War das Kätzchen krank oder eines, das das ganze Haus als Toilette benutzt? Sie konnte sich keinen Reim auf dieses eigenartige Inserat machen. Trotzdem gefiel ihr die Kleine. Als sich Tina dort meldete, erfuhr sie, dass Lotte so schnell als möglich umziehen müsste, am liebsten noch heute. Allerdings sollte die Uebergabe zwei Stunden von Tinas Wohnort entfernt stattfinden.

Also fuhr sie nach Feierabend ostwärts. Auf einem Parkplatz trafen sich die Besitzerin und Tina. Dort erfuhr sie auch, was wirklich mit Lotte los war.

Lotte wurde in einem Bauernhof in Dresden geboren. Als sie ein paar Wochen alt war, meldete sich eine Familie, die ein Kätzchen suchte. Sie waren hin und weg, als sie Lotte sahen, die wunderschön gezeichnet waren. Lotte sollte bei ihnen einziehen und sie schon bald in die Schweiz begleiten. Die Familie bestand aus einer alleinerziehenden Mutter und zwei Kindern. Sonja hatte vor einigen Monaten einen netten Mann aus der Schweiz kennengelernt. Das ständige Reisen in die Schweiz war mühsam. Trotzdem liebte sie diesen Mann. Sie suchte nach einer Lösung, die für alle stimmte. Nach einem Jahr hatten sie sich entschlossen, zusammenzuziehen. Für die Kinder bedeutete das einen grossen Schritt. Sie wollten nicht umziehen und ihre Freunde zurücklassen. Sie bettelten, ob sie nicht in Dresden bleiben durften. Leider führte kein Weg am Umzug vorbei. Als kleines Trostpflaster versprach Sonja den Kindern, dass sie dafür ein Katzenbaby aufnehmen würden. Und dieses Kätzchen war Lotte.

Das Paar suchte sich eine neue grosse Wohnung in der Ostschweiz. Sonja packte alle Habseligkeiten zusammen und übergab sie einem Umzugsunternehmen. Bald würde die grosse Reise beginnen. Sie verabschiedete sich von der Verwandtschaft und den Freunden. Dann begann das grosse Abenteuer Schweiz. Lotte verhielt sich im Auto vorbildlich. Auch wenn die Reise lang war, blieb sie ruhig. Die Kinder streichelten sie lange, bis sie friedlich einschlief. Sie merkte gar nicht, dass sie stundenlang fuhren.

In der Schweiz wurden sie freudig begrüsst. Martin hatte bereits alles vorbereitet. Ein Teil des Umzugsgutes stand schon in der Wohnung, bereit zum Auspacken. Er begrüsste die Kinder, umarmte sie und zeigte ihnen ihre Zimmer. Dann entdeckte er sie. „Oh mein Gott, eine Katze!“ Es kam nicht in Frage, dass Lotte bei ihm einziehen konnte. Er war hochgradig allergisch auf Katzenhaare. Ihm schauderte schon am Gedanken, dass er innert einer Stunde nach Luft ringen würde und seine Nase lief. „Sorry, Schatz, aber das geht nicht. Entweder die Katze oder ich.“ Sonja war schockiert. Sie hätte wohl mit allem gerechnet, aber damit nicht. Was sollte sie nun tun? Sie hatte den Kindern versprochen, dass sie eine Katze bekämen. Und nun konnte sie ihr Versprechen nicht einhalten. Sie verstand zwar Martin, er konnte ja auch nichts dafür, doch war es eine ganz verflixte Situation. Sie konnte Lotte ja nicht aussetzen. Was sollte sie jetzt so schnell tun?

Martin fand eine vorübergehende Lösung. Er packte ein paar Sachen zusammen und zog zu seinen Eltern. Am nächsten Tag liess er sich im Geschäft für zwei Wochen in den Aussendienst versetzen. Das hiess, dass er die ganze Woche unterwegs war und nicht daheim. Sonja musste in dieser Zeit ein neues Zuhause für Lotte finden, denn am Wochenende würde Martin wieder heim kommen.

So kam es, dass Tina Lotte bei sich aufnahm. Sie war ein wunderschönes Tier, jung und gesund. Natürlich hatte sie Mitleid mit den beiden Kindern, die traurig waren, dass sie Lotte abgeben mussten. Sie versprach ihnen, gut für das Kätzchen zu sorgen und sie auch in Zukunft auf dem Laufenden zu halten, wie es Lotte ging.

Auf dem Heimweg überlegte sie, wie Lotte heissen sollte. Lotte käme ja gar nicht in Frage, so ein doofer Name für eine Katze. Aber das hatte ja noch Zeit. Zwar war die gute Lotte geimpft, aber leider nicht komplett gegen Katzenschnupfen und Leukose. Stattdessen hatte sie eine Impfung gegen Tollwut erhalten, die in der Schweiz nicht mehr Pflicht ist. Sie hatte Bedenken, Lotte nur halb geimpft bei sich aufzunehmen. Sie könnte sich eventuell bei Mogli mit Schnupfen anstecken. Sie würde Lotte absondern und gleich am nächsten Tag nachimpfen lassen.


So kam es, dass Lotte am nächsten Tag mit Tina ins Büro fahren durfte. Die Mitarbeiterinnen lachten sich halb tot, als sie erfuhren, dass Lotte „Lotte“ hiess. Wie konnte man nur eine Katze so taufen? Sie lachten darüber, doch Lotte war das egal. Sie genoss es, durch die Büros zu rennen. Sie hatte eben eine lange Reise in einer Transportbox hinter sich von Dresden in die Schweiz und war froh, sich wieder ausgiebig bewegen zu können.

Die Frauen fanden Lotte lustig, so viel Energie, so extrem frech. Nichts war vor Lotte sicher, kein Sandwich und kein Kuchen. Sie war an allem interessiert, sprang über die Schreibtische und legte sich über die Tastatur. Sie entwickelte ein Tempo, das den Frauen verunmöglichte, Lotte einzufangen.
Sie bekam den Uebernamen „die flotte Lotte“. Tina erklärte ihnen, dass sie Lotte demnächst umtaufen würde, denn Lotte war ein klares No-Go. Doch Lotte dachte nicht daran, einen neuen Namen anzunehmen. Sie war Lotte und würde das auch bleiben. Tina versuchte es mit anderen Namen, doch Lotte reagierte einfach auf nichts. Rief sie aber „Lotte, komm mal her“, dann stand sie umgehend da. Und siehe da, Lotte siegte. Sie blieb die flotte Lotte, auch wenn alle Freunde von Tina nur den Kopf schüttelten.

Und die flotte Lotte machte ihrem Namen alle Ehre. Sie blieb voller Elan, halt genau so verrückt wie Tricolor-Katzen sind. Sie spielte ausgiebig mit Mogli, der nicht viel älter war als sie. Als sie später in den Garten durfte, kletterte sie die Bäume hoch und runter. Sie lief im Zick-Zack durch den Garten, lebte ihre Energie voll aus. Auch als sie älter wurde, blieb es so. Sie war und bleibt die „flotte Lotte“.
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