Emsy der Jäger
Buch 2
Emsy, der Jäger
Auf der Schnellstrasse fuhren um diese Zeit nur noch wenige Autos. Emsy war ein vierjähriger schwarz-weisser Kater. Er kannte die Gefahren dieser Strasse und wusste, dass er aufpassen musste. Vor einem Jahr hatte er hier schon einmal einen Unfall gehabt. Seither wartete er am Strassenrand bis kein Motorengeräusch mehr zu hören war. Erst dann überquerte er die breite Schnellstrasse. Auf der anderen Strassenseite gab es ein Transportunternehmen mit einem grossen Parkplatz. Daneben erstreckte sich ein grosses Landwirtschaftsfeld, das vor wenigen Tagen umgegraben worden war. In diesem Feld wohnten ganze Heerscharen von Mäusen, etliche Maus-Familien, ganze Sippschaften. Emsy ging sie jeden Abend besuchen. Er liebte dieses Feld, in dem Käfer, Mäuse und auch Feldhasen lebten. Er setzte sich an den Feldrand und wartete bis sich etwas bewegte. Ja, es raschelte. Er entdeckte eine kleine graue Maus, die ihr Näschen in die Luft streckte. Er blieb ganz ruhig sitzen, damit die Maus ihn nicht sah.
Nun verspürte er Hunger, denn er hatte schon stundenlang nichts mehr gegessen. Schon tropfte sein Maul beim Gedanken an den Leckerbissen, der sich vor ihm präsentierte. Als die Maus schon ganz nahe war, nahm er einen Sprung. Mit seinen Krallen wollte er das graue Fellbündel packen. Im Dunkeln der Nacht verpasste er jedoch das flinke Graupelzchen. Die Maus rannte davon, rannte um ihr Leben. Emsy verfolgte sie, war dicht hinter ihr. Er wollte sie haben, denn er hatte sie zum Fressen gern. Als sie sich unter einem Busch versteckte, wartete er geduldig davor. Er hatte Zeit, viel Zeit, denn die Nacht war noch lange. Es vergingen jedoch nur wenige Minuten bis die kleine Maus wieder hervorkam. Noch immer sass er unbewegt da. Nur seine weit geöffneten Pupillen verfolgten das Graupelzchen. Er würde den richtigen Zeitpunkt abwarten, um sie mit einem schnellen Sprung zu packen. Jetzt! Emsy sprang, doch die Maus war schneller. Sie rannte mit ihren kurzen Beinen in Windeseile davon. Emsy folgte ihr. Sein Blick war starr auf die Maus gerichtet, die um ihr Leben rannte. Sie jagten davon, die Maus voraus, Emsy dicht dahinter.
Er hörte das Auto nicht, das auf ihn zufuhr. Sein Blick war auf die Maus gerichtet, die in Todesangst über die Strasse rannte. Sein Jagdtrieb war grösser als die Vorsicht. Mit seinem schwarzen Rücken war er auch kaum zu sehen auf der unbeleuchteten Landstrasse. Der Fahrer sah den kleinen Kerl zu spät, der mit ausgestrecktem Schwanz im Zick-Zack quer über die Strasse rannte. Ein Riesenknall, ein kleiner Schrei und alles war vorbei. Der Fahrer bekam Panik als er den Aufprall hörte, sah im Rückspiegel die Katze, die er überfahren hatte. Sie bewegte sich nicht mehr und er war sicher, dass sie tot war. Er hatte fürchterliche Angst und raste einfach kopflos davon.