Die Rache der Gejagten
Buch 8
Die
Jagd ist eröffnet
Ein Schuss, ein Schrei hallten
durch den Wald und liessen die Tiere aufschrecken. Panisch rannten sie davon in
ihre Verstecke. Es war vorbei mit der Ruhe, die eben erst noch da gewesen war.
Sie waren wieder einmal hier. Wie sie sie hassten! Die Jagd war eröffnet und
die Jäger kamen in grosser Zahl, um die Tiere zu töten. Wie immer trugen sie
ihre Waffen zur Show und diskutierten wild untereinander, wer wie viele tote
Tiere nach Hause tragen würde. Dabei prahlten sie vom Erfolg ihrer letzten
Jagd. Auch heute war es so. Bei jedem erfolgreichen Schuss gratulierten sie sich
ausgiebig und stellten ihre Brust. Wenn die Hunde kläffend die Beute brachten,
lachten sie voller Stolz und hielten die Trophäe in die Höhe. Es waren widerliche
Kerle und für die Waldtiere eine Schreckensherrschaft. Ihnen ging es nicht
darum, den Tierbestand in Schranken zu halten, hier ging es nur darum, der
Grösste zu sein. Einfach ekelhaft!
Woher kam wohl dieser
Schrei? Wen hatte es heute erwischt? Sie hörten die Hunde, die mit lautstarkem
Gebell das Tier suchten, das auf der Jagd erschossen worden war. Sie streckten
ihren Riecher auf den Boden und folgten der Spur. Sie liefen zick-zack durch
den Wald, der Fährte nach, die sie in der Nase hatten. Doch dieses Mal fanden
sie nichts, da konnten sie sich noch so grosse Mühe geben. Das Tier schien überlebt
zu haben. Sie verloren die Spur am Bach unten. Obwohl sie noch lange unter jedem
Busch schnüffelten und in jedes Loch spähten, war es vergebens. Das Tier hatte
überlebt und sich in den Bach geflüchtet. Im Wasser konnten sie keine Fährte
mehr aufnehmen. Für die Jagdhunde war das schlimm, denn sie wussten, dass sie
bestraft würden. Die Jäger waren auf ihren Spürsinn angewiesen und wurden
wütend, wenn sie ohne Beute zurückkamen. Sie hatten deswegen auch schon Schläge
kassiert. Mit eingezogenem Schwanz und hängenden Ohren traten sie den Rückweg
an.
Lupus
Er hatte höllische Schmerzen. Eine Kugel hatte ihn am Bein getroffen, das Blut lief als kleines Bächlein an ihm hinunter. Der Wolf wurde seit Wochen gejagt. Man sagte ihm nach, er würde jede Nacht Lämmer und Hühner reissen und hatte ihn deshalb zum Abschuss freigegeben. Ursprünglich wollte man ihn nur wegjagen, zurück in die Berge, von denen er gekommen war. Doch nun musste er sich, egal wo er war, verstecken. Der Mensch war für ihn eine riesengrosse Bedrohung. Die Jäger waren ganz besessen davon, ihn zu erlegen. Es war eine Art Wettbewerb unter ihnen. Wer ihn erlegen würde, käme als Held in der Zeitung, Grund genug, um jeden Morgen mit der Waffe in den Wald zu gehen.
Er hatte höllische Schmerzen. Eine Kugel hatte ihn am Bein getroffen, das Blut lief als kleines Bächlein an ihm hinunter. Der Wolf wurde seit Wochen gejagt. Man sagte ihm nach, er würde jede Nacht Lämmer und Hühner reissen und hatte ihn deshalb zum Abschuss freigegeben. Ursprünglich wollte man ihn nur wegjagen, zurück in die Berge, von denen er gekommen war. Doch nun musste er sich, egal wo er war, verstecken. Der Mensch war für ihn eine riesengrosse Bedrohung. Die Jäger waren ganz besessen davon, ihn zu erlegen. Es war eine Art Wettbewerb unter ihnen. Wer ihn erlegen würde, käme als Held in der Zeitung, Grund genug, um jeden Morgen mit der Waffe in den Wald zu gehen.
Lupus war eigentlich gar
nicht so, wie man ihn darstellte. Er hatte weder Schafe noch Hühner gerissen.
Ihm genügten Mäuse und Käfer. Aber die Jäger waren überzeugt davon, dass er ein
Untier sei, was sollte er also dagegen tun?
Er war in den Bach
gesprungen und schwamm nun abwärts Richtung Dorf. Das kühle Wasser tat seinem
verwundeten Bein gut. Das Gebell der Hunde war kaum mehr zu hören, also war er
weit genug von ihnen entfernt. Er schleppte sich ans Ufer und legte sich auf
das Moos. Dann leckte er über das Loch, das an seinem Hinterbein klaffte und
aus dem noch immer viel Blut schoss. Seine Höhle war nicht mehr so weit weg,
doch jeder Schritt verursachte höllische Schmerzen. Er war noch viel zu
schwach, um sich dorthin zu schleppen. Erst müsste er wieder zu Kräften kommen.
Die anderen Waldtiere
hatten den Schuss und den Schrei von Lupus gehört. Sie liefen zu seiner Höhle,
doch die war leer. Dann fanden sie ihn ohnmächtig am Bachufer. Sie riefen die
anderen Tiere zusammen. Gemeinsam bauten sie eine Trage aus Aesten und Blättern.
Sie betteten ihn darauf. Die grossen Waldameisen waren bekannt für ihre Kraft.
Sie konnten das X-fache ihres Körpergewichtes tragen. Also alarmierten sie alle
Ameisenfamilien, die in diesem Wald lebten. Es waren Abertausende, die zum
Flussufer kamen. Mit vereinter Kraft konnten sie Lupus, der noch immer
bewusstlos auf der Trage schlief, zu seiner Höhle befördern. Dann gingen alle
zurück zu ihren Verstecken. Nur die Eule blieb bei ihm. Mit ihrem wahnsinnigen
Sehvermögen konnte sie die Feinde erkennen, bevor sie gefährlich nahe waren.
Sie rief die Spinnen zusammen, damit diese mit ihren Spinnweben den Höhleneingang
verschliessen würden. Die schwarzen Spinnen arbeiteten den ganzen Nachmittag
und zogen ein Netz nach dem anderen über den Eingang. Niemand würde mehr
glauben, dass diese Höhle bewohnt war. Als sie mit ihrer Arbeit fertig waren,
betrachteten sie ihr Werk. "Nicht schlecht", sagte die Aelteste von
ihnen. Dann krabbelten sie davon.
Es stinkt
Nun war Skunky an der Reihe. Das schwarz-weisse Stinktier musste nun den Vorplatz mit seiner Stinkbrühe tränken. Bei diesem Duft käme niemand dem Wolf zu nahe. Und bis Lupus wieder gesund war, wäre auch der Duft verschwunden und er könnte auch weiterhin in seinem Unterschlupf wohnen. Skunky war glücklich, dass er gebraucht wurde und Lupus helfen konnte. Er streckte seinen Schwanz in die Höhe und spritzte seinen Duft in die Umgebung. Es stank nun extrem fürchterlich, doch hatte das stinkende Nass seinen Zweck erfüllt. Er verabschiedete sich von Lupus und der Eule und zottelte gemütlich davon. Dieser Stinker musste keine Angst haben. Ihm gingen alle freiwillig aus dem Weg.
Nun war Skunky an der Reihe. Das schwarz-weisse Stinktier musste nun den Vorplatz mit seiner Stinkbrühe tränken. Bei diesem Duft käme niemand dem Wolf zu nahe. Und bis Lupus wieder gesund war, wäre auch der Duft verschwunden und er könnte auch weiterhin in seinem Unterschlupf wohnen. Skunky war glücklich, dass er gebraucht wurde und Lupus helfen konnte. Er streckte seinen Schwanz in die Höhe und spritzte seinen Duft in die Umgebung. Es stank nun extrem fürchterlich, doch hatte das stinkende Nass seinen Zweck erfüllt. Er verabschiedete sich von Lupus und der Eule und zottelte gemütlich davon. Dieser Stinker musste keine Angst haben. Ihm gingen alle freiwillig aus dem Weg.
Die Eule blieb bei Lupus.
Sie musste ihm helfen die Blutung zu stoppen. Gott sei Dank hatte ihn die Kugel
nur gestreift und war nicht stecken geblieben. Trotzdem hatte er ein grosses
Loch in seinem Bein. Sie bat die Bienen um Hilfe. Diese sollten aus ihren Waben
Wachs bringen, mit dem man die Wunde abdecken konnte. Auf das Wachs klebten sie
dann Blätter, damit kein Schmutz in die offene Stelle gelangen konnte. Lupus
war dankbar für die Hilfe der Waldtiere. Diese versorgten ihn auch mit Wasser
und Futter. In diesem speziellen Waldspital war er gut aufgehoben. Bald würde
es ihm wieder besser gehen.
Versammlung der Tiere
Noch am gleichen Abend rief der Fuchs eine Versammlung der Waldtiere ein. Alle waren erschüttert über das Verhalten der Jäger und konnten das nicht länger tolerieren. Ihre Kinder waren gefährdet, der Waldfriede gestört. Sie mussten eine Lösung finden, so konnte das nicht weitergehen. Als die Sonne unterging trafen sie sich auf der Lichtung beim Forsthaus. Alle waren gekommen, auch die Wichtel-Familie. Der Fuchs übernahm den Vorsitz. Sie berieten sich eingehend. Nach zwei Stunden hatten sie eine Lösung gefunden und einen Schlachtplan entwickelt. Diesen würden sie in den nächsten Tagen umsetzen. Sie hatten viel Arbeit vor sich, doch sie wollten das Problem mit den schiesswütigen Jägern endlich beseitigen. Zusammen waren sie stark, das würden die Jäger schon noch merken.
Noch am gleichen Abend rief der Fuchs eine Versammlung der Waldtiere ein. Alle waren erschüttert über das Verhalten der Jäger und konnten das nicht länger tolerieren. Ihre Kinder waren gefährdet, der Waldfriede gestört. Sie mussten eine Lösung finden, so konnte das nicht weitergehen. Als die Sonne unterging trafen sie sich auf der Lichtung beim Forsthaus. Alle waren gekommen, auch die Wichtel-Familie. Der Fuchs übernahm den Vorsitz. Sie berieten sich eingehend. Nach zwei Stunden hatten sie eine Lösung gefunden und einen Schlachtplan entwickelt. Diesen würden sie in den nächsten Tagen umsetzen. Sie hatten viel Arbeit vor sich, doch sie wollten das Problem mit den schiesswütigen Jägern endlich beseitigen. Zusammen waren sie stark, das würden die Jäger schon noch merken.
Auf
der Jagd
Am
nächsten Tag ging die Ballerei weiter. Schon früh am Morgen standen die Jäger
wieder da, ihre Gewehre griffbereit. Sie kletterten auf ihren Hochsitz und
beobachteten das Geschehen. Alles war ruhig, kein Tier war zu sehen. Nach der
langen nächtlichen Sitzung lagen die Tiere noch im Tiefschlaf. Doch das konnten
die Jäger ja nicht ahnen. Da sassen sie nun in der prallen Sonne und warteten
und warteten und warteten. Wie langweilig das doch war. Nicht einmal eine Maus
hatte sich ins Gelände verirrt. Es war als sei der Wald ausgestorben. Sie nahmen
einen Schluck Schnaps aus der Flasche und dösten vor sich hin. Sie hörten die
kleinen Füsse der Wichtel nicht, die sich langsam an den Hochsitz heranschlichen.
Mit vereinter Kraft lösten sie die Leiter aus der Verankerung und trugen sie
weg. Im Wald versteckten sie sie unter einem grossen Gebüsch, dann rannten sie
davon.
Eine halbe Stunde später
wachte Sam aus seinem Mittagsschlaf auf. Er gähnte laut vor sich hin. "Das
hat ja keinen Sinn heute, ich gehe nach Hause", sagte er zu seinen
Kameraden. Noch im Halbschlaf suchte er mit seinem Fuss die oberste Sprosse der
Leiter. Aber da war nichts. Sein Fuss griff ins Leere. Die Leiter war verschwunden.
Wie sollte er nun runter kommen? Er fluchte so laut er konnte und weckte damit
seine Kameraden. "Was für ein Idiot hat die Leiter weggenommen? Wie sollen
wir da nun wieder runterkommen? Das kann ja nicht mit normalen Dingen
zugehen!" Sam griff zum Handy und rief seine Jägerkollegen an, die in der
Waldhütte hockten. Als diese kamen und sahen, wie die vier Jäger da oben festsassen
und nicht mehr runterkamen, lachten sie laut. "Was hättet ihr nur getan,
wenn es uns nicht gäbe?" Sam kochte vor Wut, sein Gesicht war knallrot
geworden. Welche Blamage! Und ausgerechnet Gustav, den er überhaupt nicht
mochte, musste ihnen helfen. Bestimmt war der ja daran schuld, dass sie da oben
festsassen.
Nach längerer Suche fand
Gustav die versteckte Leiter und konnte seine Jägerkameraden aus der misslichen
Lage befreien. Er konnte sich das Grinsen nicht verkneifen, als die Vier wutentbrannt
die Sprossen hinunter kletterten. Für Sam jedenfalls stand es eindeutig fest –
Gustav hatte ihnen diesen Streich gespielt, deshalb hatte er auch die Treppe
wieder gefunden. Nun war es vorbei mit der Freundschaft. Dafür würde er eines
Tages büssen.
Die Wichtel sassen auf dem
Ast einer grossen Tanne und verfolgten das Geschehen. Sie kicherten vor sich
hin. Ihr Streich hatte geklappt, die Jäger hatten sich untereinander
verstritten und die Freundschaft auf eine harte Probe gestellt.
Die
Schande
Leider war die Jagd noch nicht vorbei. Nachdem es zwei Tage geregnet hatte, kamen sie wieder. Sie waren ganz wild aufs Jagen. Dass dabei Tiere zu Schaden kamen, war ihnen egal, Hauptsache man bewunderte sie.
Leider war die Jagd noch nicht vorbei. Nachdem es zwei Tage geregnet hatte, kamen sie wieder. Sie waren ganz wild aufs Jagen. Dass dabei Tiere zu Schaden kamen, war ihnen egal, Hauptsache man bewunderte sie.
So setzten sie sich vor
die Waldhütte und putzten ihre Gewehre. Danach legten sie alles in der Hütte
auf den Tisch. Das Gewehr und die Munition waren griffbereit und sauber ausgebreitet,
damit sie schnell zugreifen konnten, wenn sie das erste Tier entdeckten. Doch
zuerst wollten sie ein leckeres Mittagessen vertilgen. Mit leerem Magen jagt es
sich schlecht. So hockten sie sich zusammen an den Tisch vor der Hütte und liessen
es sich gut gehen. Sie hörten nicht, dass drinnen fleissige Hände am Werk
waren. Die Eichhörnchen hatten ihre Säcke mit Haselnüssen gefüllt und zur
Jagdhütte gebracht. Damit stopften sie die Gewehrläufe. Sie drückten die Masse
ganz fest in den Lauf, gossen immer wieder Wasser hinein, damit der Brei sich
erhärtete wie Beton. Gleichzeitig flogen die Elstern, die eben noch auf der
Tanne hockten, durch das offene Fenster. Sie waren ganz gierig auf alles, was
glänzt. Diese Beute hatten sie schon lange angepeilt, mussten aber warten bis
der Weg frei war. Während die einen auf dem Fensterbrett Schmiere standen,
liessen sich die anderen auf dem Tisch nieder. Dort lagen in Reih und Glied goldene
Patronen. "Fette Beute", sagte der älteste Vogel. "Greift zu, es
gehört euch." Das liessen sich die Elstern nicht zwei Mal sagen. Sie
packten die goldenen Rollen in ihre Schnäbel und flogen davon.
Der kleinste unter ihnen,
der Grünschnabel, entdeckte noch ein besonderes Ding, das er klauen wollte. Es
lag auf dem Tisch neben den Patronen. Im Strahl der Sonne glitzerte es ganz
eigenartig, doch er wusste gar nicht recht, worum es sich handelte. Er hocke
sich daneben und betrachtete es von allen Seiten. Dabei schob er es mit seinem
Schnabel hin und her. Plötzlich fiel es auf den Boden. Es scherbelte laut. Die
Jäger, die eben noch draussen sassen, wurden von diesem Geräusch aufgeschreckt.
Sie rannten ins Innere um zu schauen, was da los war. Sie sahen gerade noch die
Schwanzspitze des Grünschnabels, der durch das Fenster das Weite suchte. Im
Schnabel trug er seine glänzende Trophäe – eine goldumrandete Brille. Er
schnatterte vor Begeisterung. Zurück blieb nun ein fluchender halb blinder
Jäger!
Dieser Jagdausflug ging
somit schneller zu Ende als er angefangen hatte. Ohne Munition konnten sie
nicht jagen, zumal der Kollege Jim ohne Brille sowieso fast nichts sehen
konnte. Also kehrten sie zurück an ihren Lunch. Sie setzten sich auf die
Holzbank und nahmen einen Schluck Bier. "Wieder nichts! Meine Frau wird
mich auslachen" erklärte Marc. "Sie findet die Jagd sowieso etwas
Unnötiges und Widerliches. Sie ist halt eine Tierfreundin, die uns nicht
verstehen kann." "Sag nichts," erklärte Jim. "ich höre schon
jetzt wie meine schreit, wenn sie erfährt, dass meine Brille weg ist. Da ist es
wohl besser, wenn ich noch ein Bierchen mehr trinke. Prost!"
Es juckt und beisst
Sie tranken tatsächlich
noch ein, zwei, drei und vier Biere mehr als gewohnt. Dabei spürten sie nicht
mehr, wie kleine Feuerameisen ihre Beine hochkrabbelten. Erst als diese zubissen,
realisierten sie, was in ihrer Hose passierte. Hinter dem Haus gab es einen
kleinen Weiher. In den würden sie springen und sich abkühlen. Die Stiche
brannten wie Feuer, denn die Feuerameisen haben ihren Namen verdient. Die Jäger
wussten gar nicht recht, wie sie die Ameisen schnell wieder loswerden konnten.
Sie sprangen hoch und wollten sich in Richtung Teich rennen. Aber es kam
anders. Die Wichtel hatten ihnen während des Saufgelages die Schnürsenkel zusammengebunden.
Sie hatten den rechten Schuh mit dem linken verknotet. Als die Jäger aufschossen
und zum See rennen wollten stolperten sie und fielen kopfüber hin. In
Windeseile zogen sie ihre Schuhe aus und rannten zum Teich. Das kühle Nass
brachte etwas Linderung, doch die roten Beissspuren waren auch noch nach
Stunden zu sehen. So sassen sie später, halb betrunken und übersäht mit roten
Pusteln, wieder am Tisch. Sie kratzten sich ununterbrochen. Welch grässlicher
Tag. Dabei hatte er so schön angefangen.
Gegen Abend waren sie
total betrunken. Noch immer kratzten sie sich bis aufs Blut. Es war Zeit nach
Hause zu gehen. Sie griffen zu den Schuhen, die sie vor dem Bad abgezogen
hatten. Jetzt müssten sie noch die Knoten aufmachen. Aber hoppla! Da standen
keine Schuhe mehr. Was war denn jetzt wieder passiert? Sie suchten die ganze
Umgebung ab - nichts. Also machten sie sich in den Socken auf den Heimweg.
Jeder Schritt war schmerzhaft. Sie traten in Dornen und auf spitzige Steine.
"Aua, aua, aua!" Das Jagdfieber war ihnen vergangen. Das nächste Mal
würden sie sich lieber zum Minigolf treffen. Auf der Tanne hinter dem Jagdhaus
hockten die Wichtel und liessen ihre Beine bammeln. Sie trugen Schuhe an den Füssen,
die fast grösser als sie selbst waren. Dabei kugelten sie sich vor Lachen. Ihr
Streich hatte funktioniert.
Die
Hetzjagd
Auf der anderen Seite des Waldes waren die anderen Tiere fleissig. Alles was buddeln und scharren konnte, war aufgeboten worden. Fuchs, Igel, Eichhörnchen, Marder, Dachs bohrten sich mit ihren Pfoten tief in den Waldboden hinein. Sie buddelten ein tiefes grosses Loch und legten Tannenzweige darüber. Die Falle war nicht mehr zu sehen, vollkommen abgedeckt. Kaum waren sie fertig, kamen sie schon. Es war die zweite Jägergruppe, die sich auf der anderen Seite des Waldes niedergelassen hatte. Sie hatten Hunde dabei, die unruhig auf ihren Einsatz warteten. Noch waren sie an der Leine, doch bald würde man sie loslassen und auf Spurensuche schicken.
Auf der anderen Seite des Waldes waren die anderen Tiere fleissig. Alles was buddeln und scharren konnte, war aufgeboten worden. Fuchs, Igel, Eichhörnchen, Marder, Dachs bohrten sich mit ihren Pfoten tief in den Waldboden hinein. Sie buddelten ein tiefes grosses Loch und legten Tannenzweige darüber. Die Falle war nicht mehr zu sehen, vollkommen abgedeckt. Kaum waren sie fertig, kamen sie schon. Es war die zweite Jägergruppe, die sich auf der anderen Seite des Waldes niedergelassen hatte. Sie hatten Hunde dabei, die unruhig auf ihren Einsatz warteten. Noch waren sie an der Leine, doch bald würde man sie loslassen und auf Spurensuche schicken.
Als sie ein Reh
entdeckten, das auf der Wiese im Gras stand, ging es los. Der Jäger peilte
seine Beute an und schoss. Aus der Flinte kamen nur Rauch, Schall und ein paar
Haselnüsse. Der Gewehrlauf bog sich zum Himmel. Doch das Reh hatte sie gehört
und auch gerochen, denn der Wind hatte sich gedreht. So konnte das Tier frühzeitig
wegrennen. Trotzdem liess man die Hunde los. Sie sollten das Tier bis zur
Erschöpfung jagen. Mit lautem Gebell und fletschenden Zähnen rannten diese davon,
dicht hinter ihnen die Jäger. Das Reh war zwar grösser und flinker, hatte aber
panische Angst vor seinen Verfolgern. Auf Dauer würden sie siegen, denn sie
waren ja auf die Verfolgung abgerichtet. Es rannte wieder in den Wald hinein,
Zick-Zack um die Bäume. Immer wieder schaute es zurück, wie weit die Feinde
noch entfernt waren. Der Abstand verringerte sich. Es hörte bereits das
Schnaufen der Hunde. Sein Vorteil war, dass es sehr flink Zick-Zack laufen
konnte. Und das tat es nun, rechts, links und wieder rechts. Als es wieder mal
gekonnt rechts abbog, verstummte es hinter ihm. Die Hunde waren geradeaus gerannt
und in eine Grube hinunter gestürzt. Auch die Jäger, die dicht hinter den Hunden
rannten, fielen in das tiefe Loch, direkt auf die kläffenden Hunde. Es war ein
grosses Durcheinander in der Fallgrube. Zwischen Flinte, Hundeschnauze,
Schwanz, ein Arm von Jim. Sein Mund war mit Haselnüssen gefüllt. Daneben lag
Gerold, total verdreht. Er hatte sich beim Sturz den Knöchel verstaucht und
rieb sich nun die wunde Stelle. Sein Hund hatte ihn auch noch gebissen, als er
auf ihn stürzte. In der Grube war das grosse Durcheinander, eine Ballung des
Bösen. Sie mussten sich erst aus dieser komischen Lage befreien und ihre
Glieder ordnen. Es war vorbei mit der guten Laune. Sie humpelten langsam zurück
zum Ausgangsort ihrer Jagd. Alles schmerzte und sie schämten sich ganz
wahnsinnig. Das Reh hatte nur kurz gestoppt und sich vergewissert, dass die
Verfolger aufgegeben hatten. Dann schlenderte es gemütlich zurück in sein Lager
zu seiner Familie.
Beim
Stammtisch in der Kneipe warteten schon die Kollegen. Keiner hatte Erfolg bei
der Jagd gehabt, alle waren mit leeren Taschen nach Hause gekommen, dafür mit
Wunden und juckenden Pusteln. Abgesehen von der Schmach waren sie stinksauer.
Sie erzählten einander von den eigenartigen Dingen, die ihnen im Wald passiert
waren. Irgendetwas stimmte da nicht. Vermutlich war einer der Jäger ein
Verräter und hatte ihnen die Fallen gestellt. Sie verdächtigten Gustav, der
relativ neu zu ihnen gestossen war. Vermutlich wollte dieser die Beute für sich
alleine haben. Sie waren nicht nur böse, sondern auch ungerecht.
Aua!
Als sie sich ein paar Tage erholt hatten und die Wunden wieder geheilt waren, starteten sie einen weiteren Versuch. Sie trafen sich wieder zur Jagd, allerdings an einem Tag, an dem Gustav nicht mitkommen konnte. Sie hatten dieses Datum extra so ausgewählt, damit ihnen Gustav nicht wieder ins Handwerk pfuschen konnte. An diesem Tag war der Wald sehr unruhig. Es pfiff durch die Wipfel und war recht kalt. Trotzdem legten sie sich unter einen Busch auf die Lauer. Ein Feldhase hüpfte durch die Wiese, und sie zielten mit ihrer Flinte direkt auf ihn. "Besser ein Hase als nichts." Doch bevor sie schiessen konnten, blies ein Windstoss durch das Gebüsch. Die Zweige schlugen aus, direkt ins Gesicht der Jäger. Sie peitschten auf sie hinunter, als wären kleine Waffen gegen sie gerichtet. Mit einem Sprung konnte sich Gerold aus dem Gebüsch retten. Doch Sam steckte fest. Die Dornen des Busches hatten sich tief in seine Jacke gebohrt. Je mehr er sich wehrte, desto stärker verhedderte er sich im Gestrüpp. Die Aeste und Dornen hatten ihn richtig verschnürt. Er konnte sich kaum mehr bewegen, lag da wie ein verschnürtes Paket. Auch krabbelten etliche kleine schwarze Tierchen über sein Gesicht. Er war in ein Zecken-Nest gefallen. Doch er konnte die Arme nicht heben, um sich davon zu befreien. Er spürte nur noch, wie sie sich mit ihren kleinen Beisserchen in seine Kopfhaut bohrten. Gerold brauchte lange, um seinen Jagdkollegen zu befreien. Er musste zuerst die Zweige und Dornen wegschneiden, die sich ihm in die Hand bohrten. Beide Helden bluteten mächtig, als sie unverrichteter Dinge den Heimweg antraten. Die Lust auf Jagd war ihnen echt vergangen.
Als sie sich ein paar Tage erholt hatten und die Wunden wieder geheilt waren, starteten sie einen weiteren Versuch. Sie trafen sich wieder zur Jagd, allerdings an einem Tag, an dem Gustav nicht mitkommen konnte. Sie hatten dieses Datum extra so ausgewählt, damit ihnen Gustav nicht wieder ins Handwerk pfuschen konnte. An diesem Tag war der Wald sehr unruhig. Es pfiff durch die Wipfel und war recht kalt. Trotzdem legten sie sich unter einen Busch auf die Lauer. Ein Feldhase hüpfte durch die Wiese, und sie zielten mit ihrer Flinte direkt auf ihn. "Besser ein Hase als nichts." Doch bevor sie schiessen konnten, blies ein Windstoss durch das Gebüsch. Die Zweige schlugen aus, direkt ins Gesicht der Jäger. Sie peitschten auf sie hinunter, als wären kleine Waffen gegen sie gerichtet. Mit einem Sprung konnte sich Gerold aus dem Gebüsch retten. Doch Sam steckte fest. Die Dornen des Busches hatten sich tief in seine Jacke gebohrt. Je mehr er sich wehrte, desto stärker verhedderte er sich im Gestrüpp. Die Aeste und Dornen hatten ihn richtig verschnürt. Er konnte sich kaum mehr bewegen, lag da wie ein verschnürtes Paket. Auch krabbelten etliche kleine schwarze Tierchen über sein Gesicht. Er war in ein Zecken-Nest gefallen. Doch er konnte die Arme nicht heben, um sich davon zu befreien. Er spürte nur noch, wie sie sich mit ihren kleinen Beisserchen in seine Kopfhaut bohrten. Gerold brauchte lange, um seinen Jagdkollegen zu befreien. Er musste zuerst die Zweige und Dornen wegschneiden, die sich ihm in die Hand bohrten. Beide Helden bluteten mächtig, als sie unverrichteter Dinge den Heimweg antraten. Die Lust auf Jagd war ihnen echt vergangen.
Für die meisten
Jagdfreunde war die Jagd für dieses Jahr zu Ende. Sie hatten sich vor dem
ganzen Dorf blamiert. Die Leute redeten über sie und hielten sich die Hand vor
den Mund, damit man ihr Lachen nicht sah. Wenn sie beim Bäcker einkaufen
gingen, grinste dieser nur schelmisch. Sie waren zur Lachnummer geworden. Die
Jäger wurden von den Gejagten vertrieben, welche Ironie des Schicksals.
Der
schlaue Fuchs
Nur Martin war noch unterwegs. Er hatte einen Fuchs entdeckt, der durch den Wald schlich. Martin verfolgte ihn langsam. Der Fuchs hatte ihn noch nicht gesehen, also konnte er sich langsam nähern. Als dieser in seinem Bau verschwand, kletterte Martin hinein. Es war eine recht grosse Höhle, die stark nach Fuchs roch. Er suchte alles ab, das Gewehr griffbereit in der Hand. Doch er konnte ihn nicht entdecken, absolut unverständlich. Gerade hatte er noch gesehen, wie das Tier in die Höhle geschlüpft war und nun war es verschwunden. Wie konnte er auch ahnen, dass die Höhle einen kleinen Hinterausgang hatte, gross genug, damit sich der Fuchs hindurch zwängen konnte.
Nur Martin war noch unterwegs. Er hatte einen Fuchs entdeckt, der durch den Wald schlich. Martin verfolgte ihn langsam. Der Fuchs hatte ihn noch nicht gesehen, also konnte er sich langsam nähern. Als dieser in seinem Bau verschwand, kletterte Martin hinein. Es war eine recht grosse Höhle, die stark nach Fuchs roch. Er suchte alles ab, das Gewehr griffbereit in der Hand. Doch er konnte ihn nicht entdecken, absolut unverständlich. Gerade hatte er noch gesehen, wie das Tier in die Höhle geschlüpft war und nun war es verschwunden. Wie konnte er auch ahnen, dass die Höhle einen kleinen Hinterausgang hatte, gross genug, damit sich der Fuchs hindurch zwängen konnte.
Martin ging in den
hinteren Teil der Höhle, wo sich der Hinterausgang befand. Dieser Durchschlupf
war zu klein für ihn, das stand fest. Nun wusste er, wohin das Tier verschwunden
war. Gerade als er die Höhle verlassen wollte, begann die Erde zu rütteln. Es gab
ein kurzes, kleines Erdbeben, wie schon öfters in dieser Gegend. Ein grosser
Felsbrocken fiel hinunter und hatte den grössten Teil des Einganges versperrt.
Kleinere Steine rollten vor den Höhleneingang und türmten sich zu einem Berg
auf. Es drang nur noch wenig Licht ins Innere. Martin entdeckte durch die
kleinen Löcher kleine Wesen, die Steine trugen. Die Wichtel machten eine
Wichtelkette und gaben die Steine vom einen zum andern weiter. Der Letzte in
der Kette türmte die Steine vor dem Eingang auf und verklebte sie mit Lehm. Während
sie einen Stein nach dem anderen von einer Hand zur anderen weiterreichten und
auf den Haufen türmten, sangen sie ein Lied, eine Art Heldengesang
"Von
links nach rechts, hinauf damit
und in die Ritzen etwas Kitt.
Das Tor bleibt zu, du bleibst bei uns
oder du erfüllst uns diesen Wunsch.
Vorbei die Jagd, vorbei der Tod
vorbei das Hetzen und Tiere in Not
Wir wollen wieder ein Leben in Ruh
und zu verhilfst und jetzt dazu."
Das Tor bleibt zu, du bleibst bei uns
oder du erfüllst uns diesen Wunsch.
Vorbei die Jagd, vorbei der Tod
vorbei das Hetzen und Tiere in Not
Wir wollen wieder ein Leben in Ruh
und zu verhilfst und jetzt dazu."
Martin wurde es mulmig ums
Herz. Er hatte Angst. Nun war er gefangen in der Höhle und niemand wusste
davon. Nicht einmal seiner Frau hatte er gesagt, dass er wieder auf die Jagd
geht. Er wollte die Beute für sich alleine haben. Er suchte die ganze Höhle
nach einem Ausgang ab, doch es gab keinen. Der Durchschlupf durch den der Fuchs
abgehauen war, war für ihn definitiv zu eng. Und der Haupteingang war jetzt
verschüttet Die Wichtel sassen zwar noch draussen und sangen, doch wusste er ja
nicht, ob sie gut oder böse waren. Allmählich versammelten sich alle Waldtiere
vor dem Höhleneingang. Durch eine Ritze konnte Martin Rehe, Eichhörnchen,
Raben, Hasen und auch das Stinktier sehen. Sie hockten im Kreis wie bei einem
Lagerfeuer und unterhielten sich. Dabei schielten sie verstohlen zur Höhle, in
der Martin fest sass. So hockten sie zwei Stunden lang. Alle warteten darauf,
dass jemand das Wort ergriff. Doch das dauerte. Martin suchte noch immer nach
einer Lösung, dieser Gefangenschaft zu entkommen. Doch dann musste er erkennen,
dass er sich ohne fremde Hilfe nicht mehr befreien konnte. Und draussen sassen
all die Wesen, die er seit Jahren verfolgt und gejagt hatte. Wieso hätten sie
ihm helfen sollen? Er war ja ihr grösster Feind. Nun musste er seinen ganzen
Mut zusammen nehmen. Er rief "Hallo! Hört mich jemand? Ich bin hier
gefangen und brauche eure Hilfe." Die Tiere drehten ihre Köpfe in der
Richtung, aus der Martins Hilferuf kam. Sie standen auf und hockten sich vor
den Höhleneingang. Doch sie sagten nichts.
Es waren viele Tiere, alle
Arten waren vertreten. Sie schauten ihn fragend an, doch niemand sprach.
"Wenn ihr mir helft, werde ich auch euch helfen", hörten sie Martin
sprechen. Doch die Gruppe blieb stumm. Sie schauten nur zu ihm hinüber. Es war
unheimlich. Martin wusste nicht, was die Tiere mit ihm vorhatten. Würden sie
sich durch den Hintereingang hinein schleichen und ihn fressen? Panisch schaute
er sich um. Zwar hatte er noch immer ein Gewehr in der Hand, doch sah er bei dieser
Finsternis kaum etwas. Bei jedem kleinsten Geräusch drehte er sich um. Was wenn
der Fuchs kam? Er spürte den kalten Schweiss, der ihm auf der Stirn stand und
an ihm runter lief. Es war Angstschweiss, und das wussten und rochen die Tiere.
Es war totenstill. Niemand bewegte sich. Nur ein kleines Flehen, das aus der Höhle
kam, konnte man hören.
Nach einiger Zeit gingen
die Tiere zur Seite. Aus dem Durchgang, den sie dadurch geschaffen hatten, kam der
Fuchs, der Rädelsführer. Er setzte sich dicht vor den Höhleneingang und begann
zu sprechen: "Martin, jetzt weisst du, wie sich ein Tier fühlt, das gejagt
und eingesperrt wird. Noch bist du unverletzt, doch das könnte sich schnell
ändern, wenn du uns nicht gehorchst. Du bist unser Gefangener und musst tun, was
wir wollen. Du hast zwei Möglichkeiten. Nummer eins: Du bleibst hier drinnen
und wirst langsam verhungern und verdursten. Niemand findet dich, dafür sorgen
wir schon. Nummer zwei: Wir lassen dich frei, wenn du uns hilfst. Das Jagen in
unserem Wald muss ein Ende haben. Auch wir möchten mit unseren Familien in Ruhe
hier leben können ohne ständig Angst um unser Leben haben zu müssen. Geh ins
Dorf zurück und sorge dafür, dass in diesem Wald das Jagen verboten wird. Auch
musst du Lupus helfen, den ihr schwer verletzt habt. Ihr habt ihm Unrecht getan.
Nicht er hat die Lämmer und Hühner gerissen. Schau lieber mal in euren Reihen
umher. Dann wirst du den Schuldigen schon finden. Und entschuldige dich bei Gustav.
Er kann nichts dafür, dass es in diesem Wald spukt. Dies ist die Rache der
Gejagten. Und nun, Martin, wofür hast du dich entschieden?"
Es kam wie aus der Pistole
geschossen aus der Höhle "Nummer zwei, Nummer zwei!" Der Fuchs
schaute ihm tief in die Augen. "Wehe, wenn du dein Versprechen nicht einhältst.
Dann wirst du uns von einer anderen Seite kennenlernen." Martin versprach
es hoch und heilig, Hauptsache sie liessen ihn frei.
Plötzlich
erschien ein kleines fliegendes Wesen am Himmel. Es flatterte aufgeregt mit
seinen filigranen Flügeln. In der Hand hielt es einen Zauberstab. Als der Fuchs
zur Waldfee schaute und mit dem Kopf zustimmend nickte, schüttete sie Zaubersand
über den Höhleneingang. Die Steine, die eben noch alles versperrt hatten,
verschwanden sofort. Der Eingang war wieder frei. Martin konnte die Höhle
unbeschadet verlassen. Mit einem noch immer mulmigen Gefühl ging er an den
Tieren vorbei. Sie schauten ihn an mit einem fragenden Blick. Ob er sich wohl
an die Abmachung halten würde?
Am
nächsten Tag kam Martin zurück in den Wald. Er hatte das Gewehr zu Hause gelassen.
Stattdessen trug er eine Tasche mit Medikamenten und Verbandstoff. Er musste Lupus
versorgen und seine Wunde säubern und verbinden. Die Tiere zeigten ihm den Weg
zur Wolfshöhle. Als er den Verwundeten sah, wurde er traurig. Da lag nun ein
schöner Wolf, gebeutelt von Fieberschüben. Seine Wunde hatte sich entzündet. Er
heulte vor Schmerz. Dennoch liess er Martin an sich heran. Dieser gab ihm
Medikamente und wusch die Wunde mit Wasser aus. Dann säuberte er sie von den
schmutzigen Rückständen. Noch ein Wundverband, dann war die Arbeit für heute
getan. Er hatte ihm auch Futter und Wasser besorgt, damit er die Kraft bekam,
die er für die Wundheilung benötigte
Tag für Tag kam Martin
vorbei. Allmählich ging es Lupus besser. Er war dem Fremden dankbar, dass er
sich so gut um ihn gekümmert hatte. Nach drei Wochen war die Wunde verheilt und
Lupus wieder auf den Beinen. Als Martin sich verabschiedete, folgte er ihm bis
zum Waldrand. Dort entdeckte er ein Schild, das bis vor kurzer Zeit noch nicht
dort gestanden hatte. Mit grossen Buchstaben war geschrieben "Sperrgebiet
- Jagen verboten."
Martin hatte sein Wort
gehalten. Jetzt, wo er erkannt hatte, welches Leid sie den Tieren angetan
hatten, war er zur Gemeinde gegangen. Er hatte ihnen erzählt, dass es im Wald
spukte, dass dies für Spaziergänger und Kinder ein gefährlicher Ort sei. Das
Beste wäre, wenn man sich von diesem Ort fernhalten würde. Die Jäger, die den
Spuk selber erlebt hatten, stimmten ein. Martin wurde zum Förster ernannt. Sein
Arbeitsort war jetz der Wald, sein neuer Wohnort das Jagdhaus. Er war nun der Beschützer
der Tiere und dafür verantwortlich, dass es ihnen gut ging.
Da die Jagd ab sofort verboten
wurde, hatten die Jäger auch keine Verwendung mehr für ihre Jagdhunde. Martin brachte
sie zum Bauern im nächsten Dorf, der eine grosse Zahl Schafe hielt. Sie wurden
zum Herdenhund ausgebildet und bewachten nun die wolligen Tiere. Sie wurden vom
Bauern und dem Schäfer gut behandelt, viel besser als von den Jägern. Sie
bekamen einen trockenen und warmen Schlafplatz und regelmässig Futter. Dafür
hielten sie die Herde zusammen und sorgten dafür, dass kein Schaf ausbrach und
kein Feind hinein kam. Passanten staunten immer wieder, wie es möglich war, aus
einem Jagdhund einen Herdenhund zu machen. Es brauchte viel Vertrauen des
Schäfers, damit der natürliche Instinkt der Hunde nicht durch brach und sie die
Schafe plötzlich wieder als Beute jagten. Aber die Hunde waren dem Schäfer
dankbar, dass er so gut zu ihnen war. Auch wenn sie die Herde bewachen und zusammentreiben
mussten, war die Arbeit als Herdenhund angenehmer als die bei den Jägern. Sie
freundeten sich mit den Schafen und Waldtieren an. Je mehr Zeit verstrich,
desto grösser wurde ihr schlechtes Gewissen. Jetzt, wo sie den Gegner kennen-
und lieben gelernt hatten, schämten sie sich für die Zeit, als sie die
wehrlosen Tiere durch den Wald und zu Tode gehetzt hatten.
Martin gefiel seine neue
Aufgabe. Er wusste bereits viel über das Leben im Wald und die Gefahren
dahinter. Am Anfang war er noch sehr unsicher und hatte grossen Respekt vor den
Tieren, die ihn zu diesem Job gezwungen hatten. Im Laufe der Zeit merkte er
aber, dass er keine Angst mehr haben musste. Seine Sichtweise hatte sich
geändert, und das spürten die Tiere. Er war Förster aus Überzeugung geworden.
Seine Aufgabe bestand darin, die Natur und Tiere zu beschützen und nicht
unsinnigerweise zu zerstören.
Ungleiche
Freunde
Seit
ein paar Wochen hatte er einen treuen Begleiter an seiner Seite. Als Lupus genesen
war, stand er plötzlich vor dem Forsthaus. Als Martin ihm die Türe öffnete, zottelte
er hinein und legte sich unter den Tisch. Dann leckte er Martins Hand als wolle
er ihm dafür danken, dass er ihn gesund gepflegt hatte. Er war nicht
nachtragend, hatte schon längst vergessen, wie schlecht Martin früher war. Er
wollte sein Freund und Beschützer sein und mit ihm lange Rundgänge durch den
Wald machen. Lupus kannte alles. Er konnte Martin zeigen, wo seine Hilfe gebraucht
wurde und wo er eingreifen musste. Zwischen ihnen entstand eine tiefe Freundschaft.
Martin legte Lupus ein Halsband um, das Zeichen dafür, dass er zu ihm gehörte.
Die Dorfbewohner redeten über das ungleiche Paar, waren schockiert, dass sich
Martin auf eine solche Freundschaft einliess. Bestimmt käme der Tag, an dem
dieser Wolf wieder hinunter zum Dorf ging, um dort Tiere zu töten.
Aber nichts dergleichen
passierte. Martin versorgte seinen Wolf gut, er musste nicht mehr jagen gehen.
Immer bei Vollmond trafen
sich alle Tiere in der Waldlichtung, dort wo sie vor vielen Wochen ihren
Schlachtplan entwickelt hatten. Sie feierten ihren Sieg und die Freiheit, die
sie nun hatten. Auch Martin und sein Begleiter waren eingeladen. Sie sassen mitten
zwischen den Tieren und wurden als die grossen Helden gefeiert. Auf diese Weise
kam Martin zu Ruhm und Ehre, die er als Jäger vergebens gesucht hatte. Er hatte
in seinen ehemaligen Feinden wahre Freunde gefunden. Erst jetzt hatte er
erkannt, wie wichtig der Wald als Erholungsgebiet ist und dass ein Wald nur
existieren kann, wenn man die Natur und die Tiere in Ruhe lässt. Und sollte es
ein Problem geben, holten ihn die Tiere und fragten ihn um Rat. Er war ein Förster
der besonderen Art. Er hatte das Leben der Tiere kennengelernt und ihre Sprache
erlernt. Lupus beschützte ihn und er beschützte Lupus. Sie lebten in Harmonie
und Frieden, denn sie wussten, dass sie den richtigen Weg gewählt hatten. Das
höchste Gut ist echte Liebe und wahre Freundschaft. Es steht in der Rangordnung
weit über Ruhm und Ehre. Manchmal muss man schlechte Erfahrungen machen und das
Wichtige im Leben zu erkennen und zu schätzen. Bestimmt leben sie noch heute
dort und treffen sich bei Vollmond an der Waldlichtung.