Die verwandelte Meerjungfrau (JD)
Buch 8
Die kleine Meerjungfrau schwamm fröhlich durch die türkisfarbenen Wellen im Meer und ihr gefiel es, sich manchmal durch die Strömung treiben zu lassen. Durch das Licht der Sonne konnte sie ihre glitzer- grünblauen Schuppen leuchten sehen. Sie entdeckte das gelbe Fischerboot in letzter Sekunde und als sie sich abwand, um abzutauchen, sah sie den hübschen, braun gebrannten Fischerjungen. Sie sah ihm in die Augen und verliebte sich auf der Stelle unsterblich in ihn. In diesem Moment schaute der Junge ins Wasser und bemerkte sie. Ihre Schönheit blendete ihn mehr, als es ein Sonnenstrahl je vermocht hat zu tun. Er hielt inne und sie erschrak, denn Meerjungfrauen dürfen niemals von Menschen entdeckt werden. Zu spät. Und so nahm diese Geschichte ihren Lauf.
Barbariella schwamm so schnell sie konnte in den tiefen Abgrund des Meeres und als sie noch einmal kurz den Kopf drehte, um sich zu vergewissern, dass sie durch die Weite nicht mehr gesehen werden konnte, sah sie das Gesicht des Jungen an der Wasseroberfläche. Das durfte nicht sein und doch war sie nicht vorsichtig genug gewesen, es zu vermeiden. Wie oft hatte es ihr ihre Mutter denn schon gesagt. Doch niemand konnte mehr am Rad der Zeit drehen. Es war geschehen.
In dieser Nacht schlief Barbariella sehr unruhig und das schöne Gesicht, mit diesen lieblichen Zügen wollte nicht mehr aus ihrem Kopf verschwinden. 25 Meilen weiter weg, lag auch der Fischerjunge wach in seinem Bett. Niemand würde ihm glauben, dass er heute eine wunderschöne Meerjungfrau gesehen hat. Die alten Fischer erzählten sich beim Flicken der Netze am Hafen Geschichten über diese geheimnisvollen Wesen und bis zum heutigen Tag, hatte er nicht daran geglaubt. Fantasie der einsamen Fischer, hatte er jedes Mal für sich gedacht. Und nun raubte dieses Wesen seinen Schlaf. Gleich morgen früh würde er mit seinem Schiff an dieselbe Stelle fahren und schauen, ob sie wieder da ist. Und dasselbe nahm sich auch Barbariella vor, obwohl sie wusste, dass es ihr kein Glück bringen würde, denn eine Liebe zwischen einer Meerjungfrau und einem Jungen darf nie existieren.
Als sie in der früh an die Stelle schwamm, sah sie das gelbe Fischerboot schon von weitem und ihr Herz machte einen Sprung. Sie näherte sich dem Boot und sah sein Gesicht und seine Augen entdeckten sie sofort. Er lächelte und ihr ganzer Leib zitterte vor Freude. Sie tanzte im Wasser und sah, wie sehr er sich darüber freute. Dieses Schauspiel wiederholte sich von nun an jeden Tag und ihre Liebe wuchs. Jedoch ohne Hoffnung. Oder gab es doch einen Ausweg? Es musste doch einen Weg geben! Ihr Dasein ohne diesen Jungen machte keinen Sinn mehr und seit er sie mit der Hand sanft berührt hatte, als sie ganz nahe an die Oberfläche geschwommen war, sehnte sie sich täglich in seine Arme.
Sie beschloss, ihre weise Grossmutter Urana um Rat zu fragen. Ihr konnte sie vertrauen und Barbariella erzählte ihr von der heimlichen Liebe, den Wassertänzen und täglichen Begegnungen mit dem schönen Fischerjungen in seinem gelben Boot. Urana hörte ihr aufmerksam zu und sagte dann: „Mein schönes, unschuldiges Kind. Ja, es gibt eine Lösung, aber du musst ganz sicher sein, dass es der richtige Menschnejunge ist. Ein Zurück gäbe es auf gar keinen Fall!“
„Was meinst du damit, Grossmutter?“, fragte Barbariella. „Als deine Grossmutter kenne ich den notwendigen Zauberspruch, der dich in eine Menschenfrau verwandelt, aber keinen, der dich wieder zu einer Meerjungfrau werden lässt. Überlege dir also gut, wie du dich entscheidest. Es gibt für dich kein Zurück!“. Im ersten Augenblick verstand Barbariella die Auswirkungen nicht und als es ihr langsam klar wurde, fing sie an zu weinen. „Grossmutter, aber ich kann dich nicht verlassen! Ich liebe dich doch so sehr! Wer soll mich dann beschützen und lieben? Ich kenne das Leben der Menschen nicht und es macht mir Angst!“. Sie klammerte sich so fest an ihre Grossmutter wie sie nur konnte und weinte. Urana streichelte tröstend über ihr langes Haar und küsste sie. „Alles wird gut… alles wird gut. Höre auf dein Herz und wenn die Liebe, die du für diesen Jungen empfindest wahr und rein ist, dann musst du deinen Weg gehen. Ich werde dir helfen.“
Barbariella folgte dem Rat der Grossmutter und nach einigen Tagen ging sie zu ihr. Urana kannte die Entscheidung und leitete die nötigen Vorbereitungen für die Verwandlung ein. Barbariella würde zur Frau werden und den Fischer auf Lebzeiten glücklich machen. Davon war sie überzeugt. Und so geschah es auch. Barbariella wurde zur Menschenfrau und zog in das kleine Fischerhäuschen am Rande des Hafens ein. Ihre Liebe war so gross, dass es alle die sie zusammen sahen, zu verzaubern vermochte.
Barbariella hatte ihrem Liebsten von der Verzauberung durch ihre Grossmutter erzählt. Er mochte es, ihr bei dieser Geschichte zuzuhören. Denn was ist stärker als die Liebe? Der Fischer verehrte und liebte Barbariella über alles und zusammen hatten sie 4 prächtige Kinder grossgezogen. Das Glück war perfekt.
Was Barbariella aber nicht wusste ist, dass der Fischer trotz allem, jeden Morgen an die selbe Stelle fuhr wo er sie zum ersten Mal gesehen hatte, und seine tiefe Dankbarkeit gegenüber Urana, der Grossmutter, druckte er so aus, in dem er immer einen kleinen Goldtaler ins Wasser warf.
Und all die Berge von Goldtalern, die in den Tiefen der Meere dieser Welt bis zum heutigen Tag gefunden werden, gehören zu keinem versunkenen Schiff. Sie gehören all den gelebten Lieben im Leben.